Aichach und die Wittelsbacher
Die Wittelsbacher haben als Burgherren, Stadtgründer und Schlossbesitzer in Aichach ihre Spuren hinterlassen. Doch mit Aichach verbindet sie noch viel mehr. Denn nach ihrer Umsiedelung von Scheyern nach Oberwittelsbach, dem neuen Stammsitz der Dynastie, wurde um 1115 der Name Wittelsbach angenommen. Von hier aus stiegen die Wittelsbacher zu einem der bedeutendsten europäischen Herrschergeschlechter auf. Nachdem sie 1180 mit dem Herzogtum Bayern belehnt wurden, regierten sie das Land bis 1918 als Herzöge, Kurfürsten, Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation.
Von der Burg zur Stadt
Die Besitzungen des Königmörders, darunter auch Burg Wittelsbach, wurden seinem Verwandten Herzog Ludwig zugesprochen. Um sich von den Taten seines Vetters zu distanzieren ließ dieser die Burg schleifen und an ihrer Stelle zur Sühne ein Gotteshaus errichten.
Der Bamberger Königsmord
König Philipp von Schwaben befand sich 1208 anlässlich der Hochzeit seiner Nichte in Bamberg. Nach den Feierlichkeiten suchte Pfalzgraf Otto VIII. ihn in seinen Gemächern auf. Als Vertrauter des Königs konnte er ungehindert eintreten und diesen und einen seinen Gefährten ermorden. Ob die Bluttat aus Rache für ein gebrochenes Versprechen oder politisch motiviert war, lässt sich nicht zweifelsfrei klären.
Otto wurde mit der Reichsacht belegt. Seine Besitzungen gingen an seinen Vetter Herzog Ludwig I. über, der als Sühnemaßnahme Burg Wittelsbach schleifen ließ. Otto VIII. wurde schließlich 1209 bei Oberndorf nahe Kelheim gefasst und enthauptet. Sein Kopf wurde in die Donau geworfen und sein Körper verscharrt. Erst 1217 wurden seine Überreste im Kloster Indersdorf bestattet.
Bisher war die Pfalzgrafenburg das wirtschaftliche Zentrum der Gegend. Ihre Zerstörung begünstigte den Aufstieg der nahe gelegenen Siedlung Aichach, die nun die zentralörtliche Funktion übernahm und sich in kurzer Zeit zu einer florierenden Stadt entwickelte. Siedler kamen von der ehemaligen Burg und aus dem nur wenige Kilometer entfernten Kloster Kühbach. Die Leibeigenen flohen in die Stadt und hofften auf ein besseres Leben. Sollten sie ein Jahr und einen Tag nicht von ihrer Herrin zurückgeholt werden, waren sie frei. Aichach lag an der strategisch wichtigen Kreuzung der Handelsstraßen Augsburg-Regensburg und München-Donauwörth. Im Laufe des 13. Jahrhunderts wurde Aichach, mit Hilfe der Herzöge Ludwig I. und Otto II., zu einer Stadt mit Kastenamt und späterem Landgericht.
Der Deutsche Orden
Die Besitzungen des Königsmörders zu behalten hätte dem Ansehen Ludwigs geschadet. Sie an andere Adelige abzugeben und diese damit zu stärken war auch keine Option. So holte er 1210 den Deutschen Orden nach Aichach und überließ ihm den Besitz, um eine Niederlassung zu gründen. Zusätzlich verlieh er ihm das Patronatsrecht über die Stadtpfarrkirche und fünf weitere Filialkirchen.
Zu Beginn hatten die Ordensbrüder in Aichach nur wenige Rechte. Sie durften lediglich den Pfarrer vorschlagen und einen Teil des Kirchenzehnts behalten.
Es kam immer wieder zum Streit zwischen der Stadtbevölkerung und den Ordensbrüdern. 1296 gründeten sie ein weiteres Deutschordenshaus in Blumenthal. Mit der Zeit verlagerten sie ihren Schwerpunkt komplett nach Blumenthal.
Stadtrecht für Aichach
Ludwig IV. hielt sich nachweislich 1324 und 1326 in Aichach auf. Er gewährte der Stadt im Laufe seiner Regierungszeit mehrere Privilegien. 1321 übertrug er den Deutschordensbrüdern einen Teil des Stadtgrabens und erlaubte ihnen ein Tor aus ihrem Hof in Richtung Algertshausen zu errichten, mit der Pflicht es zu bewachen. 1331 erließ er den Bürgern die Stadtsteuer von 40 Pfund Münchner Silberpfennige, damit sie den Bau der wohl ersten steinernen Stadtmauer finanzieren konnten.
Als Herzog, König und Kaiser förderte Ludwig gezielt Städte und Klöster, denn diese brachten die finanziellen Mittel auf, um seine politischen Ambitionen zu finanzieren. Vor allem die Verleihung von Stadtrechten war eine gute Einnahmequelle. So verlieh er am 18. Juni 1347 auch Aichach das Münchner Stadtrecht. Was dies die Aichacher gekostet hat, wissen wir heute nicht mehr.
Mit der Verleihung des Münchner Stadtrechts hatten die Aichacher aber keinesfalls den gleichen Rechtsstatus, die gleiche verfassungsmäßige Stellung wie die Stadt München. Das Privileg nach dem Vorbild Münchens galt lediglich für das Stadtgericht, also den Gerichtsgebrauch. Für die Bürger Aichachs hatte es den entscheidenden Vorteil, dass sie dem landesherrlichen Stadtrichter, der die städtischen Rechte mitunter nicht so ernst nahm, etwas entgegenhalten konnten, damit ihre Rechte nicht einfach übergangen werden konnten. Sollte es Unstimmigkeiten geben, konnte man sich in München Rechtsauskunft holen. Auch vor der Verleihung des Münchner Stadtrechts besaß Aichach bereits eine gewisse Grundsubstanz an städtischen Rechten und Gewohnheiten.
Ausbau der Stadtbefestigung
Im Zuge der dritten Teilung Bayerns kam Aichach zum Herzogtum Bayern-Ingolstadt. Aichach war unter den Ingolstädter Herzögen Stephan III. und Ludwig VII. über mehrere Jahre hinweg ein beliebter Aufenthaltsort. Das lässt sich anhand der ausgestellten Urkunden feststellen.
Durch die verschiedenen Landesteilungen ab 1255 wurde das Herzogtum immer wieder verkleinert, wodurch Landstädte wie Aichach an Bedeutung gewannen. Wenn die Herzöge in Aichach zu Gast waren, übernachteten sie nicht im Aichacher Wasserschloss, wo der Pfleger und sein Landrichter wohnten, sondern in den großen Gasthäusern. Für bürgerliche Geldgeber und Wirte blieben deshalb eine Reihe von in Aichach ausgestellten Urkunden erhalten. Durch einen kräftigen wirtschaftlichen Aufschwung wurden die Aichacher Bürger im 14./15. Jahrhundert sogar zu Geldgebern der Ingolstädter Herzöge.
Sitz des Landgerichts
Überhaupt war Aichach bis 1415/1420 Sitz des älteren Landgerichts Aichach, das vom Lech über die Paar und bis zur Ilm reichte. Es enthielt auch die wichtigen Märkte Friedberg, Altomünster, Inchenhofen und Schrobenhausen. Es war damit Sitz der vier herzoglichen Außenämter: Pflegamt, Landgericht, Kastenamt und Zollamt. Pfleger und Landrichter verkörperten die herzogliche Gewalt im Bezirk und gehörten dem Adel an. Der Pfleger war militärischer Befehlshaber vor Ort. Er übte mit seinen Leuten die die Polizeiaufsicht über Burg und Stadt aus und sorgte für die öffentliche Sicherheit im Amtsbezirk. Der ihm zur Seite gestellte Landrichter verwaltete das herzogliche Kammergut und übte die Gerichtsbarkeit in der Stadt und an den Schrannenorten des Landgerichts aus, er war also Stadt., Markt- und Landrichter in einer Person. Die Kastner und Zöllner verwalteten die Natural- und Bareinkünfte der herzoglichen Kammergüter und Regalien wie Ungeld, Markt- und Straßenzölle. Diese Finanzbeamten gehörten fast durchwegs dem Bürgerstand an.
Unter der Herrschaft Stephan III. und Ludwig VII. kam es immer wieder zu Kämpfen und kriegerischen Auseinandersetzungen. Auch Aichach geriet mehrmals zwischen die Fronten. Zum ersten Mal 1388, als der schwäbische Städtebund und seine Verbündeten gegen Herzog Friedrich von Bayern-Landshut zogen (Süddeutscher Städtekrieg). Dabei zogen die Truppen des Städtebunds von Augsburg nach Regensburg. Friedberg wurde dabei zerstört. Im zweiten Krieg, dem sogenannten ersten bayerischen Hauskrieg (1394-95), zwischen dem Ingolstädter Stephan III. und den Münchner Herzögen Johann II. und Ernst, wurde zwei Mal versucht Aichach einzunehmen, allerdings ohne Erfolg. Als Stephan III. 1413 starb kehrte sein Sohn Ludwig VII. 1415 nach Bayern zurück. Es dauerte nicht lange und es brachen wieder Streitigkeiten aus. Ludwig VII. ließ daher die Aichacher Stadtbefestigung ausbauen und verstärken. Daran erinnert bis heute ein Wappenstein an der Spitalkirche.
Der Wappenstein an der Spitalkirche
Die Inschrift am Wappenstein lautet: „als man zalt (zählt) von Christi gepurt vierzehn hundert und in dem achtzehenden Jar (1418) hat hertzog Ludwig, hertzog von Bayern und graff zu Mortany, der Königin von Frankreich Bruder, angefangen und lid (legte) den Zwinger umb die Vest (den ausgemauerten Wall um die Veste), und die torn (Tor-Türme) und die Prugli und über die Graben umb die Stat (Zugbrücken und Pallisadenzäune), und die Wasser-Stuben (Schleusenzüge) in die Graben, dartzu hat er die Bere auf der Statmauer erhöhen (die Gänge mit Schießscharten wurden höher gemacht) und decken lassen (mit Dachung), auch das Polwerk vor den toren machen lassen (die Tor-Bastionen) und viel ander nützliche paw an der Vest (Bauwerke an der Veste) und stat Aichach. Pit Got für sein Sel.“
aus: Karl Christl, Aichacher Geschichte(n), Band 12
Am 16. Januar 1420, in der Aichacher Einung, schlossen sich 61 Ritter, 16 Städte und Märkte Oberbayerns und die beiden Herzöge Ludwig VII. und sein Sohn Ludwig VIII. zu einem Schutzbund zusammen. 1421 kam es zum Krieg mit Heinrich von Niederbayern. Um Aichach sammelten sich die Truppen und zogen von dort gegen den Niederbayern Herzog. Herzog Ludwig machte acht Mal Station in Aichach, im Februar 1421 sogar mit 240 Gefolgsleuten. Immer mehr Parteien wurden in den Krieg hineingezogen und große Zerstörungen waren die Folge. Im September 1422, nach der Schlacht bei Alling, musste Ludwig VII. aufgeben und schwere Verluste hinnehmen. Alles was sich noch nicht in der Hand seiner Feinde befand, wurde vom Reich eingezogen. König Sigmund vermittelte in Regensburg den Frieden. Erst 1429 erhielt Ludwig Städte, Märkte und Burgen zurück.
Aichach wird niederbayerisch
Der Reichtum, von dem teilweise auch die (werdenden) Städte profitierten, tröstete zeitweise darüber hinweg, dass Aichach nun zu Niederbayern gezählt wurde. Ludwig begnügte sich aber nicht mit dem, was er hatte. 1459 entbrannte eine Salz-Fehde mit dem Herzog in Bayern-München, vermutlich aus diesem Grund wurde die Aichacher Salzniederlage (Salzlager) nach Rain verlegt. Weitere Auseinandersetzungen verwickelten Ludwig an mehreren Fronten in kriegerische Auseinandersetzungen, deren Kampfhandlungen mehrfach vor die Tore der glücklicherweise mit Mauer bewehrten Stadt Aichach rückten. Am 14 August 1463 fand hier eines der letzten Gefechte gegen Albrecht Achilles Augsburger Truppen statt. Der Krieg hatte Ludwigs namensgebenden Reichtum belastet, sodass er regelmäßig Schuldbriefe ausstellen musste. 1465 verschrieb er auch die Pflege der Stadt Aichach einem Bernhard Peuchner zu Gansheim für 1000 Florin, 1467 für die gleiche Summe an Heinrich Moroltinger.
Nutzung des Stadtgrabens
Ludwig der Reiche war es auch, der der Stadt Aichach 1463 gestattete, den inneren Stadtgraben mit Fischen zu besetzen, „die sie kaufen und verkaufen und in dem sie fischen mögen so oft und viel sie wollen“. Die Einnahmen aus diesem Privileg sollten zur Aus- und Verbesserung der Stadtbefestigung genutzt werden. Durch diese weitsichtigen und auch versöhnlichen Erlasse, die Ludwig im ganzen Herzogtum vergab, erholte sich seine Schatzkammer wieder von den Kriegsjahren, sodass die „Landshuter Hochzeit“ seines Sohnes Georg einen bis heute berühmten Prunk entfalten konnte.
Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg
1632 brandschatzten und plünderten die schwedischen Truppen Horns die Stadt Aichach und andere Städte der Region, darunter Friedberg, Schrobenhausen und Landsberg. Kurfürst Maximilian berichtet selbst über die Situation Aichachs in einem Brief vom 24. April 1632, dass sich der Feind: „mit seiner Macht und dem Canon nach meinen Städtlein Aichach und Schrobenhausen begeben.“ Einzelheiten über diese Besetzung sind nicht bekannt, doch lassen die Klagen des bayerischen Rats Klüttner tief blicken. Er beschwerte sich im Mai 1632 am französischen Hofe, dass Aichacher Bürger, die sich den Schweden ergaben, trotz allem ermordet wurden und vergleicht die protestantischen Angreifer mit den barbarischen Türken.
Aichach wurde vorerst wieder befreit und zurückerobert, da die Truppen des schwedischen Gustav Adolf durch die Truppen Wallensteins zurückgedrängt wurden. im Laufe des Jahres nahmen schwedische Truppen Aichach mehrmals ein. Obwohl es starke Gegenwehr gab, war die Lage zuletzt so aussichtslos, dass sich die Besatzung ergeben musste und den Entwaffneten freier Auszug aus der Stadt Richtung Ingolstadt gewährt wurde. Die daraufhin schutzlos ausgelieferte Stadt wurde von den schwedischen Truppen rücksichtslos ausgeraubt, dabei sei besonders viel Getreide gestohlen worden. Aus den Quellen für das Jahr 1633 wissen wir außerdem, dass von der Aichacher Zivilbevölkerung von März bis Mai 186 Personen starben.
Der Dreißigjährige Krieg und das Leiden Aichachs waren aber noch nicht vorüber. Die Stadt war bereits drei Mal von den Schweden belagert, eingenommen und immer wieder befreit worden. Im Juni 1634 begannen diese einen Angriff und machten die Obere Vorstadt dem Erdboden gleich. Ein Stich von Matthäus Merian aus dem Jahr 1644 dokumentiert die Zerstörungen der Hauptbefestigung. Im Juni desselben Jahres zerstörten die Soldaten die ganze Stadt, wobei die meisten Bewohner sich vermutlich rechtzeitig in die Wälder der Umgebung retten konnten. Der begleitende Brand zerstörte nahezu alles, bis auf das Schloss und die Pfarrkirche. Noch ein sechstes Mal, im Herbst 1634 musste Aichach Besatzung, Mord und Plünderung durch die Schweden ertragen. Viel zu holen wird es aber sicher nicht gegeben haben.
Man mag es kaum glauben, doch kurz nachdem das Stadtbild wieder einigermaßen hergestellt worden war, ereigneten sich zwei weitere Katastrophen: Im Juli 1646 war im Aichacher Spital durch Nachlässigkeit ein Feuer ausgebrochen, im September darauf wurde die Stadt erneut durch schwedische Truppen niedergebrannt und geplündert. 1648 kam es dann endlich zum lang ersehnten Friedensschluss, dem Westfälischen Frieden. Die Aichacher mussten sich an den Wiederaufbau der Stadt machen und der Kurfürst erließ ihnen dafür die Zahlung der Gilten und Kriegssteuer. Noch 20 Jahre später klagten die Bürger, dass immer noch 135 Häuser auf den Wiederaufbau warteten und die Bevölkerung weniger als ein Drittel des Vorkriegsniveaus betrug.
Langsamer Aufschwung im 18. Jahrhundert
Seit 1733 war Aichach als Pflegamt an Mitglieder des Georgi-Ritterordens überwiesen worden und sollte es bis zum Ende des Jahrhunderts bleiben. Durch die zurückliegenden Kriege hatte Kurfürst Maximilian III. Josef eine Schuldenlast von 32 Millionen fl. übernommen. Ein Mittel, um dem entgegenzuwirken, war die Einrichtung von Pfleggerichten. Dabei handelte es sich eigentlich um Verwaltungseinrichtungen, die mit hoheitlicher Gewalt ausgestattet wurden und die zivile Verwaltung, Polizei- und strafrechtliche Gewalt ausübten. Es hatte sich jedoch etabliert, dass diese Pflegämter an niedrigere Beamte weiter überwiesen wurden, die sich, auch aufgrund der geringen Bezahlung, nur halbherzig um ihre Aufgaben kümmerten. Aus diesem Grund wurden die Belange der Bier- und Essigbrauer aber auch der Weinwirte, Bäcker und sogar der „Stadtphysicus“ zeitweise nur dürftig berücksichtigt, sodass sich Klagen gegen unerlaubte Konkurrenz häuften. Besonders geklagt wurde über Bader, Krämer, Pfuscher, Hausierer und fahrende Händler auf dem Land. Punkte der Beschwerde waren aber auch vergebliche Beschwerden, Willkür, Dauer von Prozessen und Unkosten.
Die durch die Kriege der letzten 100 Jahre dezimierte Bevölkerung hatte keinen Wohlstand aufbauen können und wurde bei Hungersnöten zusätzlich durch den geringen Vieh- und Agrarbetrieb geschwächt. Hinzu kamen hohe Steuerabgaben bei gleichzeitiger Geldknappheit. Als 1770 eine große Hungersnot durch Missernten und Handelsspekulationen ausgelöst wurde, versuchte Kurfürst Maximilian den aufkommenden Wucher mit eigenen Mitteln auszugleichen, konnte aber doch nicht alle Städte versorgen. Und so litt besonders Aichach in den beiden Hungerjahren 1770/1773, da es einer der überregional größten Umschlagplätze für Weizen, Korn, Gerste und Hafer war.
Eine Getreidesteuer für Aichach (1753–1777) geht zwar nicht unmittelbar auf den Kurfürsten zurück, doch ließen sich mit den Einnahmen daraus die Stadtmauer und einige Dinge in der Stadt sanieren. So wurde 1744 bereits die Trinkwasserversorgung mit einem System von Holzröhren erneuert und 1767 der Griesbach für ähnliche Zwecke durch die Stadt geleitet. Um 1755 wurde der Pfarrhof vom Deutschen Orden neu errichtet, zehn Jahre später erhielt die Pfarrkirche eine neue Kanzel und 1769 einen neuen Choraltar, beides vom Bildschnitzer Anton Wiest.
Napoleonische Kriege
Zur Zeit der Napoleonischen Kriege blieb Aichach zwar vom Kriegsgeschehen weitestgehend verschont, war aber von 1796 bis 1815 beliebtes Etappenziel der durchziehenden Truppen (Franzosen, Österreicher, Russen). Für mehrere Hunderttausend Soldaten mit Gefolge musste die Stadt für Unterhalt und Verpflegung aufkommen. Im Gasthof des Bräuers Lorenz Alois Gerhauser am Stadtplatz wohnen unter anderem der französische General Saint Cyr und 1799 sogar der Kosakenführer Rimsky Korsakov.
Wohl als Dank dafür ist er auf einem Bild verewigt, das Napoleon 1808 anlässlich der Ziviltrauung seines Adoptivsohnes Eugène de Beauharnais mit der bayerischen Königstochter Amalie am 13. Januar 1806 in der Grünen Galerie der Münchner Residenz in Auftrag gab. Das Gemälde sollte die Szenerie möglichst authentisch wiedergeben. Dem Künstler standen dafür detaillierte Angaben zu den Personen und ihrer Kleidung zur Verfügung, die ihm sein Malerkollege Johann Georg Dillis auf Veranlassung des Königs nach Paris gesandt hatte. Das Gemälde ist also ein richtiges „who is who“. Aus heutiger Sicht besonders interessant ist, dass neben den hohen Herrschaften im Bildhintergrund, links neben Minister Montgelas, vier „Männer aus dem Volk“ in bayerischer Tracht dargestellt sind. Im Stadtarchiv Aichach hat sich ein Brief erhalten, in dem einer der Geladenen, der Brauer, Wirt und Bürgermeister Lorenz Aloys Gerhauser aus Aichach, über die ehrenvolle Einladung am Hofe berichtet. Durch ihn sind auch die weiteren Teilnehmer überliefert: Es waren dies der Landrichter v. Bauer, der „Blasibauer“ und zwei namentlich nicht genannte Bauern aus dem nahe gelegenen Oberwittelsbach. Gerhauser selbst hatte unter den Verhältnissen der napoleonischen Zeit stark zu leiden: Er musste im Lauf der Kriege 1700 Offiziere und 11800 Soldaten bei sich einquartieren und 11200 Pferde versorgen. Danach war er bankrott. Im Stadtmuseum Aichach ist übrigens die über 15 Meter lange Einquartierungsliste ausgestellt.
Zurück zu den Wurzeln
Die Beziehungen Aichachs zu König Ludwig I. beginnen bereits vor dessen Inthronisierung und zwar mit seiner Geburt 1786. Anlässlich dieser soll der Stadtpfarrer Georg Gottfried Higler die Aichacher Schuljugend an die Stelle des ehemaligen Stammschlosses der Wittelsbacher in Oberwittelsbach geführt haben und ihnen die Geschichte des Adelshauses und ein Bildchen samt Gedenkspruch mit auf den Lebensweg gegeben haben. Auch unmittelbar vor seiner Krönung, nämlich beim Tode seines Vaters Maximilian 1825, reiste Ludwig von Würzburg über Aichach nach München zur Beisetzung. Bei diesem Aufenthalt in Aichach speiste seine Gemahlin Maria Therese mit Gefolge im Gasthaus zur Post. Auch in späteren Zeiten verweilte der dann zum König gekrönte Ludwig immer wieder zum Pferdewechsel auf der Durchreise in Aichach.
Zur Hochzeit Kronprinz Ludwigs und Therese von Sachsen-Hildburghausen 1810, wurde am verlassenen Burgplatz des alten Stammschlosses Wittelsbach ein Scheibenschießen abgehalten. Dies war der Anfang einer Bewegung, die den geschichtsträchtigen Ort wieder in das Bewusstsein der Aichacher, aber auch der Wittelsbacher rief. 1812 wurde an diesem Ort eine Gedenkpyramide errichtet. Bereits in den 1820er Jahren liegen die Anfänge zur Planung eines Denkmals zu Ehren des Hauses Wittelsbach an der Stelle der alten Stammburg in Oberwittelsbach. Lorenz Aloys Gerhauser, Brauer, Ratsmitglied, Bürgermeister, hatte erste Anstrengungen für ein solches Denkmal Ottos unternommen, welche dann von Freiherr Theodor von Hallberg-Broich mit einer Subskriptionsliste zur Finanzierung fortgeführt wurden. Einladungen zur Teilhabe ergingen an alle Magistrate und an Ämter des Königreiches und sogar der Regierungspräsident des Oberdonaukreises Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein wurde auf das Projekt aufmerksam. Er übernahm die Planungen des Vorhabens und durch seine Initiative – möglicherweise unter Mitwirkung von König Ludwig – wurde das Projekt auf ein dynastisches Kunstwerk zuzüglich einer Schule an der Stelle des alten Burgplatzes erweitert. 1829 wurden die Grundstücke für den Bau erworben, doch erst am 25. August 1832, Namens- und Geburtstag des Königs, erfolgte die Grundsteinlegung. Bürgermeister, Rektoren, Deputationen aller näheren Städte und Institutionen sowie der räumlich nähere Adel wohnten dem Spektakel bei. Zwei Jahre später wurde das Kunstwerk unter noch größeren Feierlichkeiten enthüllt. 20.000 Menschen strömten nach Aichach, darunter allein 1.000 berittene Bauern mit weißen-blauen Fähnchen, ein Bataillon des Landwehrregiments Augsburg und die Nationalgarden Aichachs und Schrobenhausens. Ein Festschießen mit einem Bankett rundete die Feierlichkeiten ab.
Die Gebietsreform König Ludwigs von 1837 hatte für Aichach zur Folge, dass die Stadt nun auch wieder namenhaft einem oberbayerischen Gebiet zugehörig war, wie sie es bereits im Herzogtum unter Ludwig dem Strengen getan hatte. Folgen für das politische oder wirtschaftliche Leben der Stadt und ihrer Bewohner hatten diese Änderungen nicht. Wie es mit dem persönlichen Geschmack der Aichacher im frühen 19. Jahrhundert bestellt war, wissen wir nicht, vermutlich wird diese historisierende Anpassung Ludwigs aber nach ihrem Geschmack gewesen sein, anders als die Gebietsreformen knapp 150 Jahre später.
Eine Entscheidung des geschichtsbewussten Ludwigs kam für Aichach leider zu spät, nämlich die Erlasse von 1826 und 1832, den Abbruch und die Veränderungen aller Stadtbefestigungen zu verbieten. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Gräben bereits verfüllt und große Abschnitte der Stadtmauer und der Wehrtürme bereits verkauft, umfunktioniert und/oder abgerissen worden. Im Besitz der Stadt verblieben lediglich noch die beiden Tortürme, der „Köglturm“ wurde erst später wieder zurückgekauft.
Nach der Abdankung Ludwigs I. kam König Maximilian II. auf den bayerischen Thron. Die Reformen und angestauten Arbeiten seines Vaters, die sich besonders durch die Affäre um Lola Montez ergeben hatten verstand Maximilian innerhalb kürzester Zeit zu bewältigen. Er stellte die volle Pressefreiheit her, reformierte das Wahlgesetz und transformierte das Ständeparlament in ein Volksparlament, in und für das jeder männliche Staatsbürger gewählt werden konnte, der das 30. Lebensjahr vollendet hatte. Im Herbst wurde der Gast- und Brauwirt der „Ziegelbrauerei“ Ignatz Kapfhamer als erster Aichacher in diesen Landtag gewählt, der am 16. Januar 1849 erstmals zusammentrat. Die Aichacher und auch die übrigen Landsleute waren mit seiner Arbeit anscheinend zufrieden, das beweist seine dreimalige Wiederwahl und die damit verbundene zwölfjährige Tätigkeit im bayerischen Landtag.
Auf dem Boden meiner Ahnen
Am 9. September 1857 besuchte König Maximilian II. Oberwittelsbach. Gemeinsam mit seinem Freund, dem Heimatforscher Wilhelm Heinrich Riehl, besuchte er die vielen kleinen Orte seines Königreiches und ging so seinem Interesse für Geschichtsforschung und Brauchtumspflege nach. Maximilian war der erste Wittelsbacher, der zumindest den Aufzeichnungen nach den historischen Stammsitz wieder aufsuchte. Der König besuchte privat (es war kein offizieller Königsbesuch) das unter König Ludwig I. errichtete wittelsbachische Denkmal und soll dabei gesagt haben: „Also hier stehe ich auf dem Boden meiner Ahnen!“. Diese Worte sind auf einer Steintafel am Burgplatz verewigt, die heute noch zu sehen ist.
Aichach im 19. Jahrhundert
Adeliger Schlossbesitzer
Herzog Maximilian Joseph in Bayern entstammte der Linie Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld-Gelnhausen und wie der Titel erahnen lässt, war er zwar ein Herzog IN Bayern, aber nicht VON Bayern. Dieser neue Titel wurde Wittelsbachern in Nebenlinien gewährt, die aber selbst kein Herzog- oder Fürstentum regierten. Max Joseph war Schwager des Bayerischen Königs Ludwig I. und Vater von Prinzessin Elisabeth in Bayern, der späteren Kaiserin von Österreich-Ungarn „Sisi“.
Max Joseph machte sich in erster Linie in kultureller Hinsicht um Bayern verdient. Er profitierte vom Erbe seines Großvaters Herzog Wilhelm in Bayern und konnte dies für die eigenen Interessen einsetzen, statt damit ein Reich finanzieren zu müssen. Er unterstütze großzügig die bayerische Volks- und Zithermusik, ja machte diese erst salonfähig und beliebt, erfreute das Volk mit Reitkunststücken, unternahm Reisen in den Mittelmeerraum und unterhielt etliche Anwesen, darunter das Schloss Possenhofen in Pöcking, das Wasserschloss Unterwittelsbach und die Klöster Banz und Tegernsee. Maximilian wurde nach einer Reise ins Heilige Land zum Ritter vom Heiligen Grab eingesetzt und 1839 zum Ehrenmitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften ernannt.
Maximilian stand als Herzog in Bayern in der königlichen Thronfolge so weit hinten, dass er weder Hoffnungen noch Anstrengungen auf eine solche Verwirklichung entwickelte. So konnte er sich auf der einen Seite den repräsentativen Aufgaben widmen, die ihm als Mitglied des Adelshauses der Wittelsbacher trotzdem zukamen, auf der anderen Seite war es ihm aber möglich sich dem Volk näher zu geben und auf Tuchfühlung zu gehen. In dieser Form war der Herzog vor allem als „Zithermaxl“ bekannt. Eine von vielen Anekdoten berichtet darüber, dass Maximilian inkognito in einem Gasthaus Zither spielte. Als er von einem Bauern 24 Kreuzer Trinkgeld bekommen hatte, soll er gesagt haben: „Das erste Geld, das ich mit meiner Kunst verdient habe.“ In den Wäldern Aichachs soll er häufig zur Jagd unterwegs gewesen sein und er bei einer anschließenden Rast in den städtischen Schenken gerne die Bürger zum Trinken einlud und sie auf der Zither begleitete. Währenddessen soll Seine Tochter „Sisi“ Elisabeth mit dem Hund in der Stadt Gassi gegangen sein. Belege, Quellen oder Nachweise für diese über Generationen erzählten Volksweisen gibt es leider nicht. Dass der Herzog aber einen Bezug zur Stadt Aichach und seinen Bewohnern hatte, zeigt sich in seiner Verbundenheit zum Stadtprediger Ignaz Himmel, der häufig zu Gast beim Herzog war. Auch mit dem Aichacher Pfarrer und Heimatforscher Konrad Danhauser war Maximilian vermutlich näher bekannt, denn ein Glückwunschtelegramm zu dessen 50jährigen Dienstjubiläum 1881 wäre keine Pflichtaufgabe des Herzogs in Bayern gewesen. Aber Maximilian verstand es sehr gut solche repräsentativen Aufgaben mit der Volksnähe zu verknüpfen, da er dabei authentisch wirkte. Dazu zählte zum Beispiel auch die Verleihung der silbernen Verdienstmedaille 1876 an den Kommandanten der Aichacher (Feuer-)Wehr, welche beherzt bei einem Brand in Unterwittelsbach Schlimmeres verhindern konnte. Den vielen Anekdoten aus dem Volksmund wohnt vermutlich ein wahrer Kern inne, sie entspringen Maximilians herzlichem Einvernehmen mit der Bevölkerung in der Nähe seiner Stammsitze, zu denen unter anderem auch das sogenannte Sisi-Schloss in Unterwittelsbach gehörte.
Kreisgerichtsstadt
Der erste Landtag von 1848 verabschiedete unter anderem die „Aufhebung der standes- und gutsherrlichen Gerichtsbarkeit“. Mit der Übernahme der Patrimonialgerichte durch den Staat ging auch eine neue Einteilung der Kreis- und Stadtgerichte einher. War Aichach bisher noch dem Kreis- und Stadtgericht Augsburg untergeordnet, wurde es am 10. November 1848 selbst zum Sitz eines solchen Gerichtes. Ihm unterstanden nun Friedberg, Rain, Schrobenhausen, Pfaffenhofen, Ingolstadt, Erding, Moosburg und Freising, die Gerichtsbarkeit lag damit eher am Rande des gesamten Einzugsgebietes. Die Wahl Aichachs geht vermutlich auf wittelsbachischen Einfluss zurück, möglicherweise sogar auf direktes Einwirken Maximilians. Immerhin unterhielt er mit Aichach gute Beziehungen und war auch auf der ersten öffentlichen Zusammenkunft im Februar 1849 im Rathaus der Stadt anwesend. Diese neue Stellung hob auf jeden Fall das Ansehen der Stadt.
Königsbesuch 1914
Im Jahr 1880 wurde das 700-jährige Regierungsjubiläum der Wittelsbacher begangen. Am 25. August, dem Namens- und Geburtstag König Ludwig II., fand in Aichach ein großer Festzug mit feierlichem Gottesdienst und Ansprachen statt. Um 7 Uhr bewegte sich der Festzug unter Führung der Musikkapelle vom Exerzierplatz aus zur Pfarrkirche. Nach dem Gottesdienst ging es weiter zum Rathaus, an dessen Nordseite ein Bildnis König Ludwigs und Embleme in den bayerischen und städtischen Farben angebracht waren und die Rednerbühne aufgebaut war. Anschließend zogen die Leute weiter zu den Ruinen des ehemaligen Stammsitzes. Dort waren
unzählige Menschen von nah und fern zusammengekommen, um sich das Schauspiel einer Militärparade anzusehen. Die 1. Bayerische Kavallerie-Division, die um Schrobenhausen Manöver abhielt, war zu einem Feldgottesdienst und anschließender Parade nach Oberwittelsbach abkommandiert. Nach einer erneuten Ansprache fand der Parademarsch der drei Brigaden, die zusammen 3.000 Mann zählten, im Galopp statt. Prinz Leopold hatte die Ehre diese Parade abzunehmen.
Am 28. Mai 1914, zwei Monate vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, besuchten König Ludwig III., seine Ehefrau Königin Marie Therese und die Prinzessinnen die Stadt Aichach und den Burgplatz in Oberwittelsbach. Anlass war die 800-Jahr-Feier der Burg Wittelsbach. Dies war auch der einzig offizielle Königsbesuch in Aichach bzw. in Oberwittelsbach. Gleichzeitig fand das Jubiläumsschießen anlässlich des 500-jährigen Bestehens der Königlich privilegierten Feuerschützengesellschaft Aichachs statt.
Um dem hohen Besuche die angemessene Ehre zu erweisen, putzte sich die Stadt richtig heraus. Dafür wurde eigens der Maler und kgl. Professor Hermann Stockmann aus Dachau engagiert, der einen einheitlichen Festschmuck für die Stadt entwerfen sollte. Zahlreiche Fotografien, Zeichnungen und Schriftstücke dokumentieren die aufwendigen Planungen zu Ehren des hohen Besuchs. Sie sind heute noch im Stadtarchiv Aichach verwahrt und waren wichtige Quellen für die Umsetzung eines Stadtmodells, das vor der Spitalkiriche aufgestellt ist.
Der Königsbesuch
Am Morgen des 28. Mai 1914 wurde die königliche Familie bei sehr schlechtem Wetter am Bahnhof in Empfang genommen. Zuerst gab es ein festliches „Frühstück“ im geschlossenen Kreis der Ehrengäste im Haus des Aichacher Bürgermeisters und Kommerzienrates Franz Beck, danach besuchte des Königspaares Vereine und das Waisen- und Krankenhaus.
Trotz schlechtem Wetter hatten sich tausende Besucher (angeblich über 10.000) am Burgplatz eingefunden. Es wurde eine überdachte Holztribüne mit 1.200 Sitz- und 300 Stehplätzen gebaut. Es wurde vom Augsburger Bischof ein Festgottesdienst in der Burgkirche durchgeführt und danach auf dem Burgplatz eine Festansprache von Bezirksamtmann Hohenbichler gehalten. Anschließend folgte die Kinderhuldigung und eine weitere Festrede von Oberregierungsrat Prof. Dr. Michael Döberl. Zum Schluss ergriff der König selbst das Wort. Danach folgte eine Tanzaufführung und die Übergabe von Ehrengeschenken. Für den König ein Briefbeschwerer aus den Steinen der Burg und für die Königin Fotografien von Aichach und Wittelsbach. Den Abschluss des Festakts bildete das Lied „Heil sei Dir, Haus Wittelsbach“ gesungen von der Liedertafel Aichach. Danach zogen noch die Veteranen und die Feuerwehren vorbei.
Um 16:30 Uhr erfolgte die Rückfahrt vom Aichacher Bahnhof nach München.
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